Poetische Quellen

Ein Nachruf auf den Zwischenruf in der NW vom 29.082011
von Rainer Müller-Held

Thema und Aufgabe verfehlt!

Was war das?

Nein Frau Bliesener, Freiheit und Würde, formuliert und dargestellt in den Begriffen Armut – Reichtum, Bildungsmisere, Wirtschaftskrise war das Thema der Diskussion und nicht zu viel verlangt. Die Freiheit erhielt schon am Tor einen Dämpfer. Denn dort standen “schwarzgekleidete” Personen mit dem Neudeutschen Aufdruck Security. Ich hatte nicht den Eindruck, sie schützen mich, ich hatte den Eindruck: die schränken meine Freiheit ein.

Die Veranstalter hatten nicht den Mut, die Freiheit einer kontroversen Diskussionsveranstaltung auszuprobieren, nicht den Mut es den Besuchern zu überlassen, ihre Freiheit auf eine offene Diskussion selber durch zu setzen. Nicht einmal im Hintergrund konnten diese “Schwarzen Herren” verdeckt bleiben, nein sie durften das organisatorische Chaos zwischen zwei gut besuchten Veranstaltungen verstärken helfen. Und dann gab es außer mit dem Einlass nicht die geringsten Probleme.

Spätestens da hätte der Auftritt der Security zurückgezogen werden müssen. Es ging doch um die uneingeschränkte Freiheit des Wortes. Das hatten schon nicht einige Lokalpoliker aus FDP und CDU nicht verstanden, und es wäre gefährlich für unsere Demokratie sie die Macht hätten verfassungsmäßig garantierte Rechte auszuhebeln. Und das Podium trug brav seine Thesen vor, die kannte ich alle schon, auch als Hobbyphilosoph.

Und deshalb war es für mich kein Genuss Frau Bliesener, sondern ein fader Neuaufguss abgestandener Fernsehtalkshows. Und selbst als durch Frau Neimann die wirklich provokante These kam, dass in Amerika viele gerne in Verhältnissen wie in der DDR leben würden, lächelte Frau Wagenknecht nur freundlich und brav und Herr Bolz konterte nicht einmal da. Ja Herr Bolz, die Schikanen der Transitwege habe ich, wie viele andere, manches Mal erlebt. Und ich hatte nicht nur das Gefühl von Freiheit, wenn ich die Vopos aus dem Blickfeld verloren hatte, ich war auch Stolz in dem besseren System leben zu können.

Nicht einmal als Frau Wagenknecht ihren Traum von einer besseren DDR als Eintrittsgrund in die SED darstellen durfte, wurde ihr die Realität um die Ohren gehauen. Es war schon wie gesagt eine sehr höfliche Auseinandersetzung und dank Frau Neimann kam wenigstens etwas Pfeffer.

Und die “Message” von allem: der Moderator freundlich und froh, dass doch alles so friedlich abgelaufen ist. (Nach eigenen Worten hatte er sich nicht einmal besonders vorbereiten müssen.) Frau Neimann fürchtet wohl verständlicher Weise um die Demokratie in den USA. Herr Bolz machte klar: Hast Du was, bist Du was. Und so durfte Frau Wagenknecht geschickt linke Allgemeinplätze verbreiten, die selbst mancher Sozialdemokrat vertreten wird.

Das sollte die gefährliche Diskussion sein, die Herr Ostermann und Herr Paul verbieten wollten? Die nur mit 2/3 Mehrheit in einer total überflüssigen Abfrage der Löhner NW zugelassen werden sollte? Das war also die Veranstaltung, vor der einige, wenige solche Angst hatten. Das Gespräch im Anschluss mit einem sichtlich betroffenen und aufgebrachten Bürger, der die DDR erlitten hat und sich heute noch nicht sicher fühlt, war für mich viel interessanter.

Eigentlich wollte ich gar nicht hingehen, es wäre wohl auch besser gewesen.

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