Haushaltsrede zum Haushalt 2015

von Dr. Volker Brand, Fraktionsvorsitzender der Fraktion Die GRÜNEN im Rat der Stadt Bad Oeynhausen (Ratssitzung 17. Dezember 2014)

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
Sehr geehrte Damen und Herren,

alle Jahre wieder vollzieht sich eine Haushaltsdebatte als ewige Wiederkehr des Gleichen. Das schärft bei Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht gerade die gespannte Erwartungshaltung. So will ich heute nicht davon sprechen, dass

  • es anscheinend nie zum tatsächlichen Haushaltsausgleich kommt, weder bei Bund und Ländern noch in den Kommunen. Sie werden sehen, auch die Schuldenbremse wird die berühmte schwarze Null nicht generieren.
  • die Stadt realiter keinen signifikanten Stellenabbau betrieben hat sondern primär nur Verschiebungen zwischen SBO, Staatsbad und Stadt stattgefunden haben
  • beim Gewerbegebiet Lohe Jahr für Jahr Millionen unnütz zum Fenster rausgeworfen wurden
  • es dramatisch wäre, wenn die Stadt die Zinsen zahlen müsste, die man am Kapitalmarkt in den 70er und 80er Jahren zahlen musste
  • spätestens alle 5 Jahre im Wahlkampf allerlei Prestigeprojekte bedient werden. Diese werden dann vorangetrieben, um gewählt zu werden; leisten können wir sie uns aber nicht.
  • in jedem Jahr beträchtliche Summen mit Verweis auf den legendären Brandschutzbedarfsplan ausgegeben werden. Dieser Brandschutzbedarfsplan ist ja anscheinend dem Strategieprinzip Godot geschuldet. Bekanntlich kam Godot ja auch nie. Zumindest sind wir auch ohne Plan rechtlich immer auf der sicheren Seite. Tröstlich, aber weder konstruktiv noch mutig, wenn es um Einsparchancen geht.

Von all dem werden Sie heute von mir nichts hören. Aber worüber lohnt es bei diesem Haushalt 2015 zu sprechen? Es gibt im Kontext von Budgetdebatten Floskeln, die eigentlich auch mehr zur ewigen Wiederkehr des Gleichen gehören. Zum Beispiel: Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit als Grundprinzipien. Oder: Haushaltsdebatten sind die Stunde der Opposition. Die Frage ist allerdings: Von welcher Opposition reden wir eigentlich?

In diesem Haus gibt es seit 2012 die sogenannte Politik der wechselnden Mehrheiten. Das heißt: Wie sind nicht nur alle ein bisschen Bluna, wir sind auch alle ein bisschen Opposition und wir sind alle ein bisschen Regierung, so das Selbstverständnis.

Tatsächlich aber gibt es eine Politik, wo auf informellen Wegen wenige Personen auf Zuruf ein Benehmen herstellen, eine Mehrheit schaffen und andere erst sehr spät merken, dass sie eigentlich überflüssig sind, gerade weil ihre Rolle eigentlich unklar bleibt. In diesem Sinne ist der Rat in der Tat verkleinerbar. Ich möchte davor warnen, auch zukünftig auf den Versuch a priori zu verzichten, wegen der Fülle der Fraktionen eine Koalitionsbildung anzustreben: Dies ist zwar bequemer und auch nicht so arbeitsintensiv, aber für die Bürgerinnen und Bürger oft auch nicht transparent und nachvollziehbar. Die wundern und fragen sich, wer regiert uns eigentlich in diesem Rat?

Es muss somit möglich sein, innerhalb einer Sitzungsperiode eine stabile Mehrheit für die wichtigsten Politikfelder herzustellen.

Ich möchte versuchen, das zu begründen: Wechselnde Mehrheiten lähmen den Rat, auch der Gestaltungswille wird paralysiert. Wir brauchen klare Rollenzuweisungen. Schon deshalb, weil die Politik dann einem zumindest mittelfristigen Plan, einer stringenten Programmatik folgt. In diesem Rat wird Programm und Ablaufplan von der Verwaltung bestimmt. Je nachdem welche Entscheidung in Kürze ansteht. Es muss Aufgabe der Politik sein, der Verwaltung aufzuzeigen, wohin die Reise für diese Stadt geht. In diesem Rat werden Entscheidungen zwar per Majorität gefällt, aber sie kommen in diesem Haus häufig eher zufällig daher (Ich erinnere an die Entscheidung zum Stadion). Investitionen werden dann getätigt, wenn man dem Diktat der Juristerei folgt oder wenn etwas kaputt ist.

Verantwortlichkeiten und Verantwortungsbewusstsein entwickeln sich bei uns regressiv. Arbeitet die Verwaltung für eine Mehrheit oder muss die Verwaltung Aufgaben des Rates übernehmen? Wir erleben dies seit Jahren am Beispiel des so wichtigen Themenfelds der Haushaltskonsolidierung. Welche Rolle kommt dem Bürgermeister zu? Er müsste mit der Koalition die Richtlinien der Politik bestimmen. Hier arbeiten Rat, Verwaltung und Bürgermeister jedoch zu oft polykratisch nebeneinander her. Bei uns hat sogar der Ältestenrat seine Tätigkeit mehr oder weniger eingestellt, das ganz selbstkritisch zur Kooperationsfähigkeit des Rates.

So viele Fraktionen in das enge Korsett von Regierung und Opposition zu zwängen, schien gegenwärtig eine Überforderung für die politisch Handelnden darzustellen.

Um so erstaunlicher und auch zu meiner eigenen Überraschung ist es in den letzten Tagen gelungen, dass sich fünf Fraktionen (SPD, Grüne, BBO, Linke und UW) in einem sehr konstruktiven Verfahren auf eine umfangreiche Änderungsliste zum Haushalt 2015 einigen konnten.

Unsere Fraktion begrüßt es, dass diese Fraktionen in der schwierigen Situation der Stadt Verantwortungsbereitschaft gezeigt haben, um die berühmte schwarze Null 2016 zu realisieren. Die Ihnen vorliegende Veränderungsliste spiegelt einen ausgewogenen Kompromiss wider. Einen Kompromiss, der die schmerzhaften Steuererhöhungen abfedert, der Beitragserhöhungen bei der Kinderbetreuung auf die Schultern derjenigen verlagert, die es schultern können. Wir Grüne freuen uns, dass nach manchem mehr als ärgerlichen Baumfrevel eine Baumschutzsatzung wieder eingeführt werden soll.

Ebenso begrüßen wir, dass die unsinnige Sportstättenbenutzungsgebühr wieder abgeschafft wird. Uns ist wichtig, dass nun bis 2016 nicht unentwegt neu aufklaffende Haushaltslücken mit immer neuem Drehen an der Steuerschraube beantwortet werden.

Herr Kindler, es kann nicht die ganze Haushaltswahrheit sein, dass wir knapp 100 Millionen Pflichtausgaben haben, die unangetastet bleiben müssen und wir lediglich vier Millionen EURO freiwillige Ausgaben Jahr für Jahr weiter kaputt sparen. Das mag zwar auch die Position der Kommunalaufsicht sein, die dann zwangsläufig in immer neue Steuererhöhungen mündet, um Löcher durch Verbesserungen auf der Einnahmenseite auszugleichen. Nein, wir sind überzeugt, dass es nicht nur im Bundes- und Landeshaushalt, sondern auch auf Seiten der Stadt Verschwendung gibt. Die bisherigen Gemeindeprüfberichte sprechen dazu eine deutliche Sprache.

Wir kritisieren, dass diese Gemeindeprüfberichte bei uns nicht als deutlicher Fingerzeig wahrgenommen werden und systematisch und konsequent abgearbeitet werden. Stattdessen gibt es in jedem NKF – Haushalt eine signifikante Intransparenz. Was ist beispielsweise mit den beträchtlichen Haushaltsresten, die nicht verbraucht werden?

Ferner werden in jedem Haushalt große Haushaltbatzen völlig undurchsichtig verschleiert und von Jahr zu Jahr als Pflichtausgaben weiter transportiert. Hier liegt nach unserem Dafürhalten eine Pflichtaufgabe des Kämmerers. Der Kämmerer muss diese Bereiche systematisch durchforsten. Er muss der Frage nachgehen, ob bestimmte Haushaltsmittel völlig ineffektiv verpulvert werden. Ich sage Ihnen, dies ist auch in Bad Oeynhausen der Fall. Diese Dinge aufzuspüren ist ein mühsamer Prozess, aber mehr als notwendig und ich bin sicher, hier schlummert ein beträchtliches Einsparpotenzial. Ein Potenzial, das niemanden wehtun wird, wenn es dem Rotstift anheim fällt. Deshalb ist es mehr als richtig, die einzelnen Fachbereiche durch sehr moderate pauschale Kürzungen nach dem Rasenmäherprinzip zu einem veritablen Sparverhalten zu verdonnern. Auf der Folie unserer Haushaltssituation hätte diesen Impuls längst vom Kämmerer kommen müssen.

Es ist das große Ziel bei diesem Haushaltsentwurf erkennbar, dass Politik und Verwaltung apodiktisch die schwarze Null für 2016 anstreben, um endlich die selbstverschuldete Haushaltssicherung zu verlassen und das Heft des kommunalpolitischen Handelns wieder selbst in der Hand zu haben. Möge dies gelingen, aber möge dies nicht wieder zu neuen Sündenfällen führen im Sinne einer expansiven Ausgabenpolitik, die wir uns nicht leisten können.

Das Konzessionsverfahren wurde 2014 wieder auf Null gestellt – auch ein Ärgernis, weil diese ewigen Verlängerungen nur den juristischen Beratungsagenturen nützen. Wir tun gut daran, spätestens mit der Bürgermeisterwahl 2015 in Bad Oeynhausen was Politik und Verwaltung angeht den Reset – Button zu drücken und einen Neustart der Politik in unserer Stadt vorzunehmen.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

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