Haben Parteien wirklich Angst vor den Bürgern?

Zum Interview der NW mit Rolf Heinze

Auf der Folie ausufernder rechtspopulistischer Umtriebe in der Welt macht es Sinn, dass die NW eine Serie ins Leben gerufen hat, die sich – gerade auch vor Ort – mit dem Wert der Demokratie an sich beschäftigt. Sind wir  Bürgerinnen und Bürger uns wirklich bewusst, was Mitsprache und Gestaltungsmöglichkeiten in unserem Gemeinwesen bedeuten und wissen wir dies auch zu schätzen, ließe sich mit Bundespräsident Joachim Gauck fragen.

Bei näherem Hinsehen kommt Widersprüchliches zu Tage. Auf der einen Seite manifestiert sich Unmut aus der Bürgerschaft: über mangelnde Sauberkeit in der Stadt, über den Zustand von Straßen und Wegen, über die zu belebende Innenstadt, über Steuererhöhungen oder ganz allgemein über die politischen Entscheidungsträger.

Andererseits gibt es Mitsprachemöglichkeiten. Es gibt die Möglichkeit zu Bürgerratsentscheiden. Immer wieder hat es in der Vergangenheit dieser Stadt auch Bürgerinitiativen gegeben. Bürgerinnen und Bürger können sich mit Anregungen und Beschwerden an den Rat wenden. Im Bereich der Stadtplanung  gibt es öffentliche Anhörungen.  Mehrfach hat es in letzten Jahren in der Wandelhalle Veranstaltungen zur Stadtentwicklung gegeben, die von interessierten Bürgerinnen und Bürgern besucht wurden. Und – nach wie vor freut sich jede Partei über neue Gesichter. Menschen, die sagen, ich möchte mich einbringen, ich möchte Verantwortung übernehmen.

Das Spektrum der Parteien und Wählervereinigungen hat sich darüber hinaus enorm vervielfältigt. Nicht mehr drei Parteien sind im Rat wie noch vor 35 Jahren, seit fast 10 Jahren sind es sieben. Da wird eine beachtliche Spannweite geboten für Menschen, die sich engagieren wollen.

Ich glaube, es gibt da auf beiden Seiten keine Berührungsängste.

Aber – viele politische Strömungen bedeuten auch schwierigere Entscheidungsprozesse im Rat. Die Konsensbildung, die Suche nach dem Kompromiss wird nicht leichter. Mehrheiten beispielsweise für ein Parkraumbewirtschaftungskonzept oder für die Zukunft unserer Bäder werden oftmals unerträglich nach hinten verschoben.

Der Zustand unserer Kommune hat Schwächen. Der Rat der Stadt Bad Oeynhausen ist zu alt und in zu starkem Maße männlich dominiert. Auch da muss sich etwas ändern.

Trotzdem sind  die Politik und die politische Verfassung unserer Stadt besser als ihr Ruf. Jenseits der Politik lebt Bad Oeynhausen von dem bewundernswerten ehrenamtlichen Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger. Mir sind auch innerhalb der Politik viele Menschen begegnet, die dieses Ehrenamt mit großer Leidenschaft zum Wohle der Stadt ausüben. Wer sich in die (Kommnal) politik begibt, muss damit leben, kritisiert zu werden, begibt sich aber  nicht  zugleich automatisch in eine Sündenbockfunktion. Das Gemeinwohl  lebt von einem Optimum an Mitwirkung und Mitsprache. Davor haben die Parteien in Bad Oeynhausen keine Angst.

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