Haushaltsrede zum Haushalt 2012

von Dr. Volker Brand, Fraktionsvorsitzender der Fraktion Die GRÜNEN im Rat der Stadt Bad Oeynhausen

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
Sehr geehrte Damen und Herren,

Was hat unsere kleine Welt mit der großen zu tun?

Manchmal eine ganze Menge. Und so erleben wir gegenwärtig die nicht enden wollende Krise der kapitalistischen Finanzmärkte, die ganze Währungen, Staaten, ja sogar unsere komplette EURO – Zone mitsamt der Weltwirtschaft in den Abgrund zu stürzen droht. Mit dem Mauerfall 1989 schien der Kapitalismus als Sieger aus dem Systemvergleich mit sozialistischen Plankonzepten hervorgegangen zu sein. Nun hat sich der Kapitalismus anscheinend zu Tode gesiegt.

In den letzten 20 Jahren wurden wir Zeugen einer Renaissance neoliberaler Wirtschaftskonzepte, einer ausufernde Profitgier, eines unübersehbaren Schuldenbergs der öffentlichen Haushalte und des Resultats, dass der Staat diese Verluste sozialisieren muss und nun wieder der Reparaturbetrieb des Kapitalismus ist.

Und was hat dies alles mit dem beschaulichen Bad Oeynhausen zu tun?

Nun, auch hier hat man systematisch und lang anhaltend über seine Verhältnisse gelebt, Schulden aufgehäuft, diese künftigen Generationen aufgebrummt und immer so weiter gemacht. Und nun machen wir zwei neue und einschneidende Erfahrungen, die zusammenfallen, aber im Sinne eines unverantwortlichen Wirtschaftens kein Zufall sind – wir haben es mit der Koinzidenz von weltweiter Schuldenkrise im Makrobereich und mit dem Nothaushalt dieser Stadt zu tun.

Daraus, und diese Hoffnung gebiert das Prinzip Verantwortung, darf es nur ein generelles Umdenken geben. Weg von der Schuldenlast, Maß halten, das politisch umsetzen, was vertretbar, will sagen finanzierbar ist. Weg von strukturellen Defiziten, die über Jahre angehäuft, uns in diese Situation gebracht haben. Weg von der Vorstellung, öffentliche Schulden seien der Schmierstoff des Kapitalismus.

Immerhin, ein Paradigmenwechsel könnte sich vielleicht abzeichnen, wenn man nun endlich Ernst macht mit Schuldenbremse, ausgeglichenen Haushalten, langfristigem Abzahlen der enormen Schuldenlast etc. Insofern müssen wir die neue Erfahrung einer fremdbestimmten Nothaushaltslage als Chance begreifen.

In diesem Sinne hat die Viererkoalition einen vernünftigen Anfang gemacht. Diese Koalition hat sich als handlungsfähig und verantwortungsbewusst erwiesen. Sie hat zum Haushalt des Kämmerers eine Veränderungsliste vorgelegt, die von der Kommunalaufsicht den Vermerk genehmigt erhalten wird. Ich betone noch einmal: Die Perspektive eines ausgeglichenen Haushalts im Jahr 2015 darf nicht zu alten Untugenden zurückführen. Es muss der Stadt Bad Oeynhausen eine Lehre sein, künftig mit einer grundsoliden Haushaltspolitik das Machbare zu gestalten. Die Gesamtverschuldung von mehr als 77 Millionen Euro muss entschieden und nachhaltig weiter zurückgeführt werden.

Die Koalition hat mit diesem Haushalt den schmalen Spielraum für politische Gestaltungen genutzt, Einsparungen sind weit gestreut, die schwächsten Schultern sind sinnvoller Weise und so weit als möglich geschont worden. Das Anheben der Steuersätze ist dabei vor dem Hintergrund der Maßgaben der Kommunalaufsicht unvermeidlich. Diesen Schritt auf das Niveau des Landesdurchschnitts nicht schon letztes Jahr vollzogen zu haben, war von der Koalition sicherlich suboptimal. Diesen Schritt dieses Jahr nicht nachzuholen wäre und ist völlig unverständlich. Stattdessen u.a. im Reinigungsbereich an Schulen – wie die CDU – ein Einsparpotenzial zu identifizieren, erscheint uns nicht nachvollziehbar.

Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass der Haushalts- und Konsolidierungsentwurf der Verwaltung durchaus mit Augenmaß konzipiert worden ist. Die Koalition hat im Grunde den Entwurf der Verwaltung in einigen Punkten zu optimieren versucht. Maßvolle Korrekturen im Bildungsbereich zur Herstellung von mehr Gerechtigkeit, beim Winterdienst, etwas mehr Geld für die Straßeninstandsetzung, die Option, beim Ankauf von Strom nächstes Jahr auf Atomstrom zu verzichten und trotzdem ökologisch sinnvolle Investitionen vorzunehmen, all dies wird, da bin ich mir sicher, von einer Mehrzahl der Bürgerinnen und Bürger verstanden und begrüßt werden.

Den Grünen ist dabei besonders wichtig, dass unsere Stadt nach den dramatischen Ereignissen 2011 ein deutliches Signal gegen die Atomenergie setzt. Erinnern möchte ich noch einmal daran, was die Bundeskanzlerin vor einem Jahr als energiepolitische Revolution verkauft hat. Ich habe hier an dieser Stelle vor einem Jahr von einer energiepolitischen Katastrophe gesprochen.

In diesem Rat sind bekanntlich sieben Fraktionen gewählt worden, so viel wie noch nie zuvor. Die politische Praxis zeigt, dass dadurch Kompromisse nicht gerade leichter werden. Ich will nicht verhehlen, dass unsere Fraktion in einigen Bereichen ein noch mutigeres Sparen über den Entwurf des Kämmerers hinaus durchaus begrüßt hätte.

Gerade vor der zumindest mittelfristig benötigten Inanspruchnahme zusätzlicher Kassenkredite sind noch weitreichendere Einsparungen geboten. Ein temporäres Abschalten der Straßenbeleuchtung hat unsere Fraktion schon lange gefordert – andere Kommunen machen das. Man hätte nach unserem Dafürhalten beim Gewerbegebiet Lohe viel Geld sparen können, zumal nun auch die IHK Prioritäten bei Gewerbegebieten eher woanders sieht. Auch im Kontext des Brandschutzbedarfsplans wünsche ich mir weniger vorauseilenden Gehorsam, der sich für diese Stadt mitunter eher als teuer, denn als effektiv darstellt.

Trotzdem dürfen in dieser Stadt wichtige und überfällige Investitionen nicht vergessen werden. Ich erinnere an unsere Sportstätten, die saniert werden müssen. Zudem stehen wir alle in der Pflicht, im nächsten Jahr endlich auf der Grundlage von Sponsorengeldern das Thema Kunstrasenplatz umzusetzen. Dazu bedarf es unter den Fraktionen einer Mehrheit der Vernunft. Eine solche Mehrheit hat sich kürzlich beim Thema Fraktionszuwendungen erfreulicher Weise entwickelt. Und dieser Linie, der Vernunft Mehrheiten zu verschaffen, fühlt sich unsere Fraktion weiterhin verpflichtet.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

Volker Brand
(Ratssitzung 14. Dezember 2011)

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