Haushaltsrede zum sogenannten Doppelhaushalt 2010

Ratssitzung am 24. November 2010
von Dr. Volker Brand, Fraktionsvorsitzender der Fraktion
Die GRÜNEN im Rat der Stadt Bad Oeynhausen

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,

das ohnehin schon oppulente Zahlenwerk eines kommunalen Haushalts liegt uns in diesem Jahr in doppelter Breite vor. Freilich haben sich die Probleme für die Stadt mehr als verdoppelt. Durch Verabschiedung dieses Doppelhaushalts können wir uns zugleich von dem für einige nur noch schwer zu ertragenen Status einer vorläufigen Haushaltsführung verabschieden.

Und doch möchte ich keinen Hehl daraus machen, dass ich die ganze Diskussion um diesen Doppelhaushalt, um die Möglichkeit der Inanspruchnahme freiwilliger Leistungen vor dem Hintergrund der Haushaltssicherung für einen Popanz halte bzw. gehalten habe. Gelder für freiwillige Leistungen sind in diesem Jahr bis heute immer auch bewilligt worden. Es kam nur darauf an, wer diesen Vorgang beantragt hat. Wenn überhaupt dann hat die Stadt in diesem Jahr durch die Nichtinanspruchnahme freiwilliger Leistungen auf der Grundlage eines bis dato nicht verabschiedeten Haushalts Geld eingespart, ohne dass es jemand wirklich wahrgenommen hat.

Gestatten Sie mir einige Bemerkungen zu den Stellungnahmen der Opposition. Wer genau hinschaut, der sieht sich bei diesen Statements sehr wohl mit Widersprüchen konfrontiert. Herr Nagel propagiert einmal, wenn es sich um einen CDU – Antrag handelt, das Mitnehmen von Fördergeldern. Eine die Stadtkasse belastende Investition von 80 TEURO spielt dann keine Rolle. So geschehen letzte Woche bei der Diskussion um den Radweg am Karbach. In anderen Fällen spielen Fördergelder und sachlogische Implikationen dann keine Rolle. Siehe die Diskussion um die mögliche Zusammenlegung von Bücherei und Archiv.

Die BBO verweist auf enorme Kosten durch zu große und zu viele Ausschüsse. Realiter gibt es einen Ausschuss mehr als in der letzten Sitzungsperiode. Hinsichtlich der Größe können sich die Kosten nur auf die Zunahme der sachkundigen Bürger beziehen. Warum ist die BBO dann aber die Fraktion mit den proportional gesehen meisten sachkundigen Bürgern? Bei gleicher Mandatszahl hat sie vier sachkundige Bürger mehr als die Fraktion der Grünen. Sieht so eine glaubwürdige Kritik aus?

Nun, ein solcher Haushalt entspricht hinsichtlich seiner Datenfülle aber auch einer gewissen postmodernen Beliebigkeit. Zwar, und dies ist und bleibt wichtig, kann die Stadt auf dieser Grundlage planen und handeln. Gleichwohl sind es in vielleicht zu vielen Punkten imaginäre Planzahlen, die in Gänze von der Realität bald überholt werden. Gewerbesteueraufkommen, Schlüsselzuweisungen des Landes, Kreisumlage oder letztendlich auch die Jahresabschlussbilanz, all diese Erwartungshorizonte werden erneut beträchtlich von dieser Haushaltsplanung abweichen. Ich denke, die Kämmerei ist gut beraten, zukünftig die tatsächliche Entwicklung eines Jahres möglichst genau zu antizipieren.

Diese Koalition stellt sich mit diesem Doppelhaushalt den Erfordernissen der notwendig gewordenen Haushaltsicherung. Zugleich werden wir alle darauf achten, dass künftig, jeder Haushalt vor Beginn des Haushaltsjahres verabschiedet wird. Diese Rhythmisierung ist ein erfreulicher Nebeneffekt dieses Doppelhaushalts.

Darüber hinaus haben wir alle mehr Zeit für die Diskussion über die Haushaltssicherung gehabt. Zu spät hatte die Verwaltung ihr Konzept vor der Sommerpause eingebracht. Zu kurz wäre die Beratung über dieses komplexe Sicherungskonzept in den Fraktionen gewesen, wenn wir den Haushalt im Juli auf den Weg gebracht hätten.

Mit diesem Haushalt verlässt Bad Oeynhausen die Talsohle der schwierigen finanziellen und ökonomischen Prozesse, die ausgelöst durch die weltweite Finanzkrise die Kommunen besonders hart getroffen haben.

Wir gehen davon aus, dass wir mit einem erheblich höherem Gewerbesteuerertrag für die nächsten Jahre rechnen können als vom Kämmerer ursprünglich prognostiziert. Dass dies nicht heißt, dass wir unsere Anstrengungen im Hinblick auf die Haushaltskonsolidierung zurückfahren können, wird uns schon die Kommunalaufsicht demonstrieren. Und das ist auch gut so.

Ich will nicht wiederholen, wie lange diese Stadt über ihre Verhältnisse gelebt hat. Klar ist jedenfalls, dass bei dieser Kassenlage in den letzten Monaten auf einigen Politikfeldern eine völlig überflüssige Phantomdebatte nach dem Motto geführt wurde: Wenn die Stadt Geld hätte, was würden Sie dann als Politiker als erstes realisieren. Dies, meine Damen und Herren, schafft nur Begehrlichkeiten und ist daher kontraproduktiv.

Im Hier und Jetzt ist es wichtig, sich auf der Grundlage dieser Haushaltssituation auf wichtige nachhaltige, innovative Weichenstellungen zu konzentrieren, die Bad Oeynhausen voran bringen:
Eine Herkulesaufgabe für eine lange Zeit des politischen Wirkens bleibt das beharrlich zu verfolgende Ziel der Konsolidierung der städtischen Finanzen.

Da wir hier künftigen Generationen viel aufgebürdet haben, ist es umso gerechter in die Förderung unserer Kinder zu investieren. Pädagogische Betreuung auch schon für unter dreijährige Kinder, Investitionen in ein sich verbesserndes Bildungsangebot, individuelle Förderung von Kindern und Jugendlichen, die Heranführung besonders der jungen Menschen dieser Stadt an Kultur und Sport, all dies macht Bad Oeynhausen auch in finanziell schwierigen Zeiten familienfreundlicher und ist zudem eine nachhaltige Investition in die Zukunft dieser Stadt. In diesem Zusammenhang möchte ich ausdrücklich die Bedeutung der Sportvereine und damit auch der ehrenamtlich engagierten Trainerinnen und Trainer hervorheben.

Freilich stehen auch im ökologischen Bereich große Aufgaben an. Das Sielwehr muss saniert werden. Investitionen in den Hochwasserschutz sind ebenso nötig wie Einsparungen im Co2 – Bereich und der Ausbau erneuerbarer Energien. Die Errichtung von Biogas – Anlagen, energetische Maßnahmen an städtischen Gebäuden, die Nutzung von Solar- und Windkraft und von Blockheizkraftwerken, eine Fahrradfreundliche Stadt, dies alles sind Schritte in die richtige Richtung, denen aber noch viele folgen müssen, wenn diese Stadt wirklich klimaengagiert in die Zukunft marschieren will.

In diesem Kontext ist die Zukunft unserer Energieversorgung eine weitere große Herausforderung. Ich weiß, dass sehr viele dieser Ratsfrauen und Männer hier mit viel Engagement an diesem Thema arbeiten.

Ich möchte auch nicht verhehlen, dass ich die sogenannte Rekommunalisierung aus ökologischen und bürgerfreundlichen Gründen für eine große Chance halte. Allerdings halte ich die Energiepolitik der Bundesregierung nicht für eine Revolution, wie Frau Merkel sagt, sondern schlichtweg für eine Katastrophe. Durch die nicht hinnehmbare Laufzeitverlängerung von unverantwortlichen Atommeilern wird das kleine Pflänzchen Wettbewerb auf dem Energiemarkt auf groteske Weise zerstört. Das freut die Energiegranden, da die ohnehin schon kartellähnliche Wettbewerbssituation auf dem Energiesektor nun vollends ausgehebelt wird. Auf gut Deutsch: Zu den ohnehin schon ausufernden Gewinnen dieser Unternehmen kommen in den nächsten Jahren weitere 70 Mrd. Euro. Preiskämpfen mit Stadtwerken können diese Multis daher locker entgegen sehen.

Stadtwerke und auch die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt würden für Jahrzehnte diese Zeche zahlen. Lassen wir alle es nicht so weit kommen. Bewahren wir lieber ein bisher gezeigtes hohes Maß an Gemeinsamkeiten über Parteigrenzen hinweg, zum Wohle der praktischen Vernunft und zum Wohle unserer Stadt.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

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