Haushaltsrede zum Haushalt 2020

(Ratssitzung 18. Dezember 2019) von Dr. Volker Brand, Vorsitzender der Fraktion Die GRÜNEN im Rat der Stadt Bad Oeynhausen

 
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,

vor uns liegt eine wichtige Weichenstellung in der Geschichte dieser Stadt. Mit dem Haushalt 2020 ebnen wir zum einen den finanzpolitischen Rahmen als Transitjahr in ein neues Jahrzehnt, zum anderen steht 2020 eine wichtige Richtungswahl ins Haus.

Vieles ist im letzten Jahrzehnt liegengeblieben und muss nun nachgeholt oder aufgearbeitet werden. Vernünftigerweise werden die Vermögenswerte der Stadt durch sehr üppige Investitionen wieder konsolidiert, leider auch mit neuen Schulden.

Wobei die Frage erlaubt sein muss, ob die anstehenden Projekte nicht besser in praktikablen Dosen von 2017 bis 2023 in Angriff genommen werden sollten bzw. mussten.

Ist es möglich, ein neunstelliges Investitionsvolumen in den nächsten Jahren zu schultern? Kann die Verwaltung das wirklich leisten? Steht dafür überhaupt das Personal zur Verfügung? Natürlich kann man Kontrolle und Expertise delegieren oder outsourcen. Aber handeln wir uns nicht dadurch mit Ansage Planungs- und Ablaufprobleme ein, mit Sicherheit wohl auch ausufernde Kosten, weil wir den Überblick über das Ganze schlicht und ergreifend verlieren.

Vieles, was auf der Agenda steht, dauert in dieser Stadt einfach jetzt schon viel zu lange.

In diesem Kontext muss auch die Priorisierung hinterfragt werden. Nicht alles aus der Investitionsliste der Verwaltung, hat für die Grünen die allerhöchste Dringlichkeit. Ich denke da an die Sportstätteninvestition im SZ Süd.

Oberste Priorität für die Grünen hat die Weichenstellung im Hinblick auf die Lösung und Handhabung des Klimaschutzes. Diese Priorisierung darf es nicht nur auf dem Papier geben. Hier sei an die Resolution des Rates zum sogenannten Klimanotstand erinnert. Wir sind der festen Überzeugung, wir müssen jetzt und hier handeln, Geld in die Hand nehmen, um unsere Stadt durch mehr Grün vor den Folgen von klimatischen Extrema zu schützen. Da gehört es auch zur Verantwortung von Politik, den Bürger*innen zu sagen: es wird Einschnitte und Opfer geben, die auf uns zukommen.

Bislang sehe ich nur, dass in nicht hinnehmbarer Art und Weise, immer wieder im wahrsten Sinne des Wortes Einschnitte bei Bäumen gemacht werden. Bäume sind fast immer Opfer auch städtischer Baumaßnahmen. Wir fordern, dass endlich gesunde Bäume über die Baumschutzsatzung hinaus in adäquater Art und Weise geschützt werden.

Meine Damen und Herren, wir können die Energiewende nicht schaffen, wenn wir Windenergie auch in unserer Stadt quasi ausschließen. Wenn wir schon Eisbahn und Silvesterfeuerwerk als unverzichtbar begreifen wollen, so müssen wir wenigstens ökologische Akzente setzen, z. B. mit einer Eisbahn, die mit grünem Strom betrieben wird.

Wir haben nicht nur die Energiewende hin zur Klimaneutralität zu meistern, damit verknüpft ist auch die Verkehrswende in Bad Oeynhausen.

Wir haben schon frühzeitig darauf hingewiesen, wie wichtig ein spürbarer Rückbau der Mindener Straße ist. Hätte der Bürgermeister auf der Grundlage des im Rat vor Jahren gefassten Beschlusses entschiedener gehandelt, würden wir heute bei Rückbau und Radschnellweg schon weiter sein.

In den nächsten 10 Jahren muss es uns gelingen, signifikante Schritte weg von der Autostadt Bad Oeynhausen, hin zu einer Stadt mit einer Verkehrsstruktur einzuschlagen, in der Fahrrad und ÖPNV, Carsharing, sehr gern auch Bikesharing, Elektromobilität und noch besser Biogas und Wasserstoff als Energieträger, eine bedeutende Rolle spielen.

Wer das fordert, ist keine Spaßbremse. Wer das fordert, sieht, was auf uns zukommt. Es geht um nicht mehr und nicht weniger, als im Hier und Jetzt zu erkennen, dass dies die allerletzte Chance ist, den Prozess noch proaktiv zu steuern.

Wenn wir warten, bis wir auch noch den letzten AFD – Wähler überzeugt haben, können wir morgen nur noch reagieren und den verpassten Chancen hinterhertrauern. Global denken, lokal handeln ist mehr als ein Bonmot. Es ist das Gebot der Stunde.

Für diesen Prozess braucht die Stadt einen Bürgermeister, der von diesem Ansatz überzeugt ist, der diesen Prozess zur Chefsache macht. Der hilft, die Stadtwerke in kurzer Zeit dahinzubringen, wo andere Kommunen wie Bad Salzuflen heute schon sind. Nicht immer nur hinterherdölmern, was alle machen, sondern Vorreiter sein bei dem, wovon man überzeugt ist.

Im fränkischen Haßfurt gehen Stadtwerkechef und Bürgermeister noch weiter. Mit beeindruckender Überzeugungskraft setzen sie ganz entschlossen darauf, in gestalterischer Art und Weise das zu tun, was notwendig und was möglich ist.

Das muss unser aller Ziel sein.

Entsprechend sind wir überzeugt, dass wir in diesem Haushalt verstärkt, Investitionen in den Klimaschutz tätigen müssen. Daher die Mittel in unserer Änderungsliste als Anschubfinanzierung für energetische Sanierung von Altbauten. Wir können nicht warten, bis diese notwendigen Maßnahmen von EU, Bund oder Land kommen. Das Potenzial zur Einsparung ist riesig.

Vernünftig und maßvoll in unserer Änderungsliste sind auch unsere anderen Vorschläge:

  • Die Ausweitung des ÖPNV haben wir mit den Linken entscheidend vorangebracht. Nun muss ordentlich Werbung gemacht werden, damit die Bürger*innen über die Verbesserungen informiert werden und wissen, wann ihr Bus fährt.
  • Das Haus der Jugend bedarf dringend einer elementaren Instandsetzung, damit ein fundamentaler traditioneller Pfeiler der städtischen Jugendarbeit fortgesetzt werden kann.
  • Auch der Haushaltstitel zum Mobilitätsmanagement darf nicht stillschweigend einfach aus dem Haushalt entfernt werden. Wir meinen es ernst mit der Förderung des Radverkehrs.
  • Und schließlich nehmen wir den Wunsch aus dem Schulausschuss gerne auf, dass diejenigen Kinder, deren Eltern sich keine Mahlzeit für ihre Kinder in der Schule leisten können oder wollen, nicht vom Mittagessen ausgespart werden dürfen.

Meine Damen und Herren, wir begrüßen es sehr, diesen Haushalt mit einer gemeinsamen Veränderungsliste aller Fraktionen zu verabschieden. Wir waren auch mit den alten Bündnispartnern stets gesprächsbereit. Wir setzen auf den Gemeinsinn aller demokratischen Kräfte, weil wir uns nur gemeinsam der rechtspopulistischen Gefahren erwehren können.

Gemeinsam müssen wir in diesem Haus eine Zielvorgabe für diese Stadt entwickeln.

Wie schaffen wir es, die Zahl der Einwohner in Bad Oeynhausen für 2030 und für 2050 möglichst stabil zu halten? Wie bauen wir den Gesundheitsstandort aus und schaffen eine solidarische Gemeinschaft, in der das konstruktive Miteinander im Vordergrund steht und nicht kontraproduktive Umgangsformen verrohter Kommunikation? Wie können wir unsere Schulen zu leistungsstarken, menschlichen und modernen Bildungsstätten ausbauen? Kann es uns gelingen, in unserer Stadt attraktive Lösungen für die Probleme älterer Menschen zu entwickeln? Wie verbessern wir das kulturelle und sportliche Angebot auch für junge Menschen?

Einer Gesamtidee von Bad Oeynhausen zu folgen, ist mehr, als eine Stadt mit Besiedlung zu füllen und zu verwalten, mehr als ein Leitbild, das irgendwann nach vielen Sitzungen wieder in der Versenkung verschwindet.

Meine Damen und Herren, im Bündnis sind wir uns mit allen nicht mehr so grün wie es vielleicht einmal war. Trotzdem freuen wir uns aufrichtig, dass alle jetzt ihre grüne Ader bis hin zum big green deal entdeckt haben. Aber das dürfen keine Lippenbekenntnisse bleiben. Die Probleme, die es zu schultern gilt, sind enorm. Grün zu denken und grün zu handeln bringt uns der Lösung näher. In diesem Sinne freuen sich viele in dieser Stadt auf den ersten grünen Bürgermeister.

Für Ihre Aufmerksamkeit habe ich zu danken.

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