Haushaltsrede zum Haushalt 2021

(Ratssitzung 17. März 2021) von Dr. Volker Brand, Vorsitzender der Fraktion Die GRÜNEN im Rat der Stadt Bad Oeynhausen

 
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

sehr geehrte Damen und Herren,

als vor 15 Monaten die letzten Haushaltsreden gehalten wurden, hat niemand geahnt, welche tiefgreifenden Umwälzungen vor uns stehen. Ich rede nicht davon, dass wir uns daran gewöhnen müssen, nicht mehr von Angela Merkel  regiert zu werden, auch nicht davon, dass für einige der mediale Abschied von Jogi Löw und Dieter Bohlen noch epochaler erscheint.

Dr. Volker Brand
Nein, die Corona – Pandemie hat auch Bad Oeynhausen mit voller Wucht getroffen. Wenig ist mehr so, wie es einmal war. SARS – CoV – 2 hat viel Leid mit sich gebracht, viel Verunsicherung, die Pandemie hat auch von den Bürger*innen Bad Oeynhausens  eine wahnsinnige Kraftanstrengung abverlangt. Die gewohnten Abläufe in der Stadt und auch in der Kommunalpolitik haben sich gravierend verändert. Auch ohne Rathausneubau tagen wir inzwischen meist an ungewohnten Orten. Und doch – allen Diskussionen über Risiken und Gefährdungspotenzialen, über Inzidenzen, Online- oder Präsenzmeetings zum Trotz, teile ich die Hoffnung, dass wir am Ausgang dieser Krise stehen. Und ich füge hinzu, Bad Oeynhausen hat diese große Herausforderung bislang verhältnismäßig gut gemeistert. Von daher sind wir allen, die zu diesem Befund beigetragen haben, zu großem Dank verpflichtet.

Auch die Durchführung der Kommunalwahl 2020 war kein Selbstläufer. Nun, wir Grünen können uns über das Ergebnis wahrhaftig nicht beschweren. Haben wir doch auf allen Ebenen unser bester Ergebnis bei einer Kommunalwahl in Bad Oeynhausen eingefahren.

Natürlich bedarf auch die Umsetzung eines starken Ergebnisses in eine kraftvolle Politik einer Phase des nachdenklichen Innehaltens, zumal unsere politische Kultur noch immer zum Teil coronabedingt erstarrt ist. Was können wir schon wieder, was dürfen wir bereits, wo sollte noch gewartet werden?

Gleichwohl zeichnen sich die Konturen einer neuen Politik in dieser Stadt ab. Schwarz und grün –  so das neue Farbenspiel. Eine Kombination, die viele lange nicht für denkbar hielten, die aber auch gerade in dieser Zeit ihren Charme hat. Ich möchte dies hier sehr gern begründen.

Es liegt mir fern, die politischen Mitbewerber zu verunglimpfen, Aber die eindeutige  Botschaft der Kommunalwahl vom September 2020 war eine ganz klare Absage der Wähler*innen an das Viererbündnis. In Zahlen ausgedrückt: Der Stimmenanteil von SPD, BBO, Linke und UW hat sich fast halbiert.

So kann das Wahlergebnis nur als Auftrag der Bürger*innen an die Wahlgewinner verstanden werden, eine neue Politik in dieser Stadt einzuleiten. Entsprechend  eindeutige  Rückmeldungen haben wir auch von draußen, aus der Bürgerschaft erhalten.

Schwarz – grün war früher ein eher distanziertes Miteinander, auch in diesem Haus. Aber ebenso richtig ist, dass es auch schon länger Brücken gibt, auf denen sich Demokraten beider Parteien aufeinander zu bewegen, auch in diesem Haus.

In der vergangenen Wahlperiode haben wir u. a. bereits  erfolgreich bei  den Themen Mindener Straße und Grundschule Eidinghausen, aber auch bei der Umwelt – und Schulpolitik im allgemeinen zusammengearbeitet.

Künftig bietet ein schwarz – grünes Projekt die historische Chance, Ökonomie und Ökologie, die sich zu lange diametral gegenüberstanden, miteinander zu versöhnen.

Die neue schwarz – grüne Mehrheit ist fest entschlossen in ihrer Absicht, Bad Oeynhausen für die Zukunft fit zu machen, und zwar in Richtung auf eine verantwortliche und rational – fundierte Politik.

Daran mitzuwirken sind alle Demokraten in diesem Hause herzlich eingeladen. Dabei habe ich sehr wohl vernommen, dass sich in den letzten Wochen einige eher ausgeschlossen fühlten. Ich für meinen Teil versuche mich da zu bessern. Ich betone hier aber auch, dass ich den in letzter Zeit immer wieder gehörten Politikansatz, nun gelte es, CDU und Grüne durch das Rathaus vor sich her zu treiben, für schlicht und ergreifend krank halte.

Wir sind offen für eine konstruktive Zusammenarbeit aller Demokraten. Entsprechend begrüßen und unterstützen wir sinnvolle Elemente  auf der Veränderungsliste der SPD. Die dort gewünschte halbe Hebammenstelle erscheint uns genauso zustimmungspflichtig wie die Zuwendungen für die Zisterne, das Tierheim und Maßnahmen zur Straßenausbesserung. Wir sagen ferner Ja zu der von der BBO geforderten Stelle im Rechnungsprüfungsamt. Eine kritische Begleitung der Verwaltungstätigkeit durch die Rechnungsprüfung ist und bleibt ein wesentlicher Grundpfeiler der Kommunalpolitik.

Aber – die  komplette Veränderungsliste, die vom Oppositionsbündnis vorgelegt wurde, enthält zwar den ein oder anderen bedenkenswerten Vorschlag. In Gänze entbehrt diese Liste wahrlich jeglicher Seriosität. Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit hieß es früher einmal. Übriggeblieben ist da ein Politikansatz, der die Haushaltsaufstellung mehr mit Weihnachten verwechselt.

Nachdem im letzten Jahr vor der Corona – Krise immerhin noch der fiskalische Verstand obsiegte, trotz bevorstehendem Wahlkampf auf Steuersenkungen zu verzichten, ist nun allen pandemiebedingten Widrigkeiten zum Trotz und allen Erkenntnissen der mittelfristigen Finanzplanung zuwiderlaufend der Zeitpunkt gekommen, wo wir anscheinend mit dem Füllhorn über Bad Oeynhausen Geschenke verteilen sollen. Wisst ihr eigentlich noch, was ihr über Schulden, Verschwendung, strukturelle Defizite früher hier in diesem Haus Jahr für Jahr geredet habt? Wenn das ernst gemeint wäre, warum habt ihr  nicht letztes Jahr vor der Pandemie die Steuern gesenkt, als ihr die Mehrheit hattet? Ausgerechnet die Linken, die durch ein möglichst hohes Haushaltsvolumen über Umverteilungsprozesse der sozialen Ungleichheit begegnen wollen, sind plötzlich für neoliberale Finanzpolitik? Mit einem solchen Vorgehen diskreditiert sich das Oppositionsbündnis selber. Glaubwürdigkeit sieht anders aus.

Oberste Priorität für die Grünen hat weiterhin die Weichenstellung im Hinblick auf die Lösung und Handhabung des Klimaschutzes. Diese Priorisierung stand im Zentrum unseres Kommunalwahlkampfs. Wir sind entschlossen, die entsprechende Resolution des Rates in dieser Wahlperiode in pragmatische Politik zu gießen. Weil wir überzeugt sind, dass es überfällig ist, unsere Stadt durch flankierende Maßnahmen vor den Folgen von klimatischen Extrema zu schützen. Da gehört es auch zur Verantwortung von Politik, den Bürger*innen zu sagen: es wird Einschnitte und Opfer geben, die auf uns zukommen.

Leider muss ich auch heute konstatieren, dass weiterhin im wahrsten Sinne des Wortes Einschnitte bei Bäumen gemacht werden. Wir fordern, dass endlich gesunde Bäume über die Baumschutzsatzung hinaus in adäquater Art und Weise geschützt werden. Nach wie vor schafft die Stadt hier im Zusammenspiel mit SBO, Kreis, DB, Straßen NRW vollendete Tatsachen. Mehr Augenmaß, Transparenz und Kommunikation würden hier gut tun.

Wie bereits ausgeführt sind wir überzeugt, dass in diesem Haushalt verstärkt, Investitionen in den Klimaschutz erfolgen müssen. Die Mittel, die wir im letzten Haushalt  zur Anschubfinanzierung für energetische Sanierung von Altbauten eingestellt haben, sind noch längst nicht abgerufen und müssen in den Folgehaushalten beibehalten und verstärkt in Anspruch genommen werden. Das Potenzial zur Einsparung ist riesig.

Vernünftig und maßvoll in unserer Änderungsliste sind auch unsere anderen Vorschläge:

  • Die Schaffung einer vollen Stelle für Klimamanagement und Klimaschutz ist uns eine Herzensangelegenheit. Oberste Priorität für den Klimaschutz ist die vordringliche Zukunftsaufgabe der Stadt und muss in der Verwaltung über die bisherige halbe Stelle hinaus sichtbar werden.
  • Die Ausweitung des ÖPNV haben wir mit den Linken entscheidend vorangebracht. Nach der Pandemie hat hier ein Re – Start zu erfolgen. Hier muss ordentlich Werbung gemacht werden, damit die Bürger*innen über die Verbesserungen informiert werden und wissen, wann ihr Bus fährt.
  • Für die Pflege des Grünbereichs in unserer Stadt, für Aufforstungsmaßnahmen,  Artenvielfalt,  Blühstreifen, Begrünung öffentlicher Gebäude wollen wir weitere 100 TEURO eingestellt wissen.
  • 60 TEURO für Infrastrukturmaßnahmen zur Förderung des Radverkehrs sind dringend benötigte Mittel, um Bad Oeynhausen mittelfristig vom Autoverkehr zu entlasten und endlich zu einer wirklich fahrradfreundlichen Stadt zu entwickeln .
  • Zur Förderung der auch bei uns notleidenden Kultur wollen wir den Künstler*innen am Bad Oeynhausener Kulturabend aus städtischen Mitteln eine Gage zahlen. Hier haben wir 20 TEURO vorgesehen.
  • Und schließlich greifen wir gern noch einmal einen im Orkus der Verwaltung mehr oder weniger verschwunden Antrag von uns auf, in Kindergärten und Schulen einen mit 5 TEURO dotierten Umweltpreis zu schaffen. Eine Maßnahme, mit der die pädagogische Arbeit zur Vermeidung von Plastikmüll bestimmt sinnvoll unterstützt werden kann.

Meine Damen und Herren, die städtischen Finanzen sind vor dem Hintergrund der leidvollen Corona – Krise in einem erstaunlich soliden Zustand. Die Ausgleichsrücklage ist mit ca. 25 Millionen EURO prall gefüllt, die Vermögenswerte der Stadt werden durch immense Investitionen vermehrt, eine erneute Haushaltssicherung ist weit entfernt.

Kritisch möchte ich anmerken, dass die Umsetzbarkeit des Investitionsvolumens nach wie vor mehr als ambitioniert erscheint. Zudem sollte der Wiedereinstieg in steigende Neuverschuldung auch auf der Grundlage extrem niedriger Zinssätze nicht als Paradigmenwechsel aufgefasst werden. Dauerhaft muss an der Politik des Schuldenabbaus festgehalten werden.

Nicht auf Kosten unserer Kinder zu leben, ist ein wichtiges Ziel für ein nachhaltiges Bad Oeynhausen. Eine nachhaltige, aber sehr wohl auch leistungsfähige Stadt, in diese Richtung wollen wir unsere Politik zum Wohle von Bad Oeynhausen vorantreiben..

Erreichen können wir unsere Zielvorgaben nur, wenn die Agenda der künftigen städtischen Politik vorrangig fünf Maximen folgt, um Bad Oeynhausen zu einer lebenswerten und zukunftweisenden Stadt zu entwickeln:

  • Klimaschutz betreiben und Klimaneutralität umsetzen
  • Verkehrswende schaffen
  • Junge Familien in die Stadt holen
  • Das Miteinander und die Solidarität in der Stadt fördern
  • Durch die verstärkte Ansiedlung zukunftweisender Branchen wie Medizin- und Umwelttechnologie die heimische Wirtschaft attraktiv ausbauen

Wir begrüßen es, diesen Haushalt mit einer gemeinsamen Veränderungsliste mit CDU,  SPD  und FDP zu verabschieden.

Gemeinsamkeit, Augenmaß und Kooperationswille werden entscheidende Tugenden sein, auf die es in den folgenden Jahren ankommt. Nur so werden wir gemeinsam die Zukunft verantworten.

Für Ihre Aufmerksamkeit habe ich zu danken.

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